Page 9 - Mundart_Schreibung
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1.3 Transkription in Lautschrift
Die beste Lösung für die Frage der Schreibung der Mundart wäre somit sicherlich die Verwendung
der Lautschrift.15 Dem steht nur bzw. allerdings entgegen, dass diese wiederum von nur wenigen
beherrscht wird, letztlich eine Verfremdung bewirken und ein weiteres zusätzliches Hindernis
darstellen würde.
Am Institut für Germanistik der Universität Innsbruck wird zur Notierung der Aussprachen eine eigens
für deutsche Dialekte entwickelte Lautschrift verwendet, da das üblich verwendete Alphabet eine
große Anzahl an Aussprachevarianten nicht eindeutig abzubilden vermag. In diesem Zusammenhang
möchte ich beispielsweise auf das markante und berühmt-berüchtigte –rchrt im Ötztaler Dialekt
verweisen, für welches unterschiedliche Notationen bestehen. Diese spezifische Lautschrift
Teuthonista bietet zudem die Möglichkeit anzuzeigen, ob ein Laut kurz oder lang ausgesprochen und
wie er betont wird. Die in ihren Grundzügen bereits Ende des 19. Jahrhunderts entstandene
Lautschrift wurde im Rahmen eines Projekts computerisiert, optisch funktionaler und damit lesbarer
gemacht und ist unter der Bezeichnung Taiga nun einfacher zu handhaben.16
Zur Verwendung der Lautschrift schreibt Eberhard Kranzmayer,17 der ab 1942 bis 1944 intensive
Feldstudien vornahm und eine mehr als 600 Seiten umfassende Darstellung „Die Mundart des
Ötztales und seiner Nachbarschaft“ verfasste, nachstehend wiedergegebene Darlegung: „Zur
Lautschrift: Die lautgetreue Umschriftung der Mundartformen ist mit Rücksicht auf die allgemeine
Verständlichkeit so einfach wie möglich. In großen Umrissen halte ich mich an die Schreibweise, wie
sie Schatz [Josef, Erg. HB], Die tirolische Mundart, Innsbruck 1905, verwendet hat. Doch sind einige
Bemerkungen für den Laien nützlich. – Bezüglich der Vokalzeichen: a ist unter Starkdruck immer das
helle, ‚orale’ a unserer Mundarten und nicht das leicht verdumpfte a der Bühnensprache; è, ò sind
mit offenerem Mund, e, o mit geschlossenerem zu sprechen. Die Umlautzeichen ö, ü bedeuten
zweierlei: in den ‚zimbrischen’ Mundarten gleichen sie den gerundeten Umlauten der
Bühnensprache, in den Tiroler Hochtalmundarten haben sie keine Rundung und entstehen am
Mittelgaumen. Damit keine Missverständnisse zustande kommen, geben Fußnoten immer genauere
Auskunft. In Nebensilben gelten die Zeichen e und a gewöhnlich für unausgesprochene Vokale. In
wichtigen Fällen wird die Art der Aussprache wieder in Fußnoten gekennzeichnet. Die gleiche
undeutliche Aussprache gilt in Zwielauten wie óa, éa usw., doch wird bei engerer e-artiger
Aussprache der Deutlichkeit wegen e geschrieben. Die Vokallänge wird durch Doppelschreibung
ausgedrückt, z. B. in móógn, wiisn. – Bei althochdeutschen Lautungen gibt ein darübergesetzter
Zirkumflex die Länge an: î, û usw. – Bezüglich der Konsonantenzeichen: b, d, g, h sind in den
Hochtälern und in den Sprachinseln stimmhaft, in den Verkehrstälern aber stimmlos; z und v sind
stimmhaft, s und f hingegen stimmlos; p, t , k bleiben immer unbehaucht und sind sehr verschieden
von bühnendeutschem Pheeter ‚Peter’, Thaag ‚Tag’, Khuu ‚Kuh’. Bei den Reibelauten gilt
Kleinschreibung für Lindlaut, daher s, s (=sch), x (=x); Großschreibung, ß, ßv, X gilt hingegen für
Starklaut. Beim f war diese Unterscheidung drucktechnisch nicht möglich. Zwischen z und zv liegt z.,
zwischen s und s liegt s., zwischen ß und ßv liegt ß.. Der bühnendeutsche Laut –ng in zingen ‚singen’
wird als ng geschrieben.“
Die Lautschrift als nach sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten verwendetes phonetisches System
enthält zahlreiche wertvolle Hinweise zur Mundart-Schreibung im Allgemeinen18 bzw. zur Schreibung

15 vgl. Kranzmayer Eberhard: Die Mundart des Ötztales. In: Ötztaler Buch. Schlernschriften, Band 229, hg. von
Klebelsberg Raimund. Innsbruck/Universitätsverlag Wagner 1963, 73(-92)
16 Hohenwarter Stefan (stefan.hohenwarter@uibk.ac.at): Madl, Gitsche oder Diandl? In: Wissenswert. Magazin der
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck Juni 2015. Dienstag, 16. Juni 2015, 8-9. Beilage zur Tiroler Tageszeitung 165, 70.
Jg., Di 16. Juni 2015
17 Kranzmayer Eberhard, a. a. O., 73
18 vgl. Lanthaler Franz/Meraner Rudolf: Die Tiroler Mundarten. In: Saxalber-Tetter Annemarie (Hg.): Dialekt-Hochsprache
als Unterrichtsthema. Anregungen für Deutschlehrer. Bozen/Südtiroler Kulturinstitut, Arbeitskreis Südtiroler
Mittelschullehrer 1985, (157-)165-168 mit entsprechenden Textproben in Lautschrift für Südtiroler Mundarten

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