Page 9 - Aufsatz
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1.6. Oberdeutsche Dialekte

Die oberdeutschen Dialekte und innerhalb dieser die alemannischen sowie
bairischen und damit auch die Tiroler Dialekte sind durch die umfangreichste
Verbreitung der Merkmale der Zweiten Lautverschiebung gekennzeichnet.xx Das
Oberdeutsche wird in Nord-, West- und Ostoberdeutsch aufgeteilt. Das
Westoberdeutsche ist unter der Benennung Alemannisch bzw. Schwäbisch-
Alemannisch, das Ostoberdeutsche unter Bezeichnung Bairisch bekannt. Das
Alemannische wird vom Bairischen durch eines der ausgeprägtesten
Isoglossenbündel (Zusammenfall mehrerer dialektunterscheidender Merkmale)
des deutschen Sprachraums getrennt. Einen Übergangsbereich bildet das
bairisch-schwäbische Gebiet des Lechrains. Das Verbreitungsgebiet der
bairischen (ostoberdeutschen) Mundarten umfasst Österreich mit Ausnahme
Vorarlbergs, den Großteil von Südtirol und im deutschen Bundesland Bayern
die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz. Die relativ
homogene bairischen Dialektlandschaft wird in nord-, mittel- und südbairisch
untergliedert. Als mittelbairische Sondermundart gilt die Stadtmundart von Wien.
Als Abgrenzung zum Ostfränkischen dient die Isoglosse, welche bairisches
„enk“ von ostfränkischem „euch“ trennt.

       1.6.1. Dialektgrenzen und Dialektveränderungen

In den deutschen Sprachinselnxxi blieben Lebensart und Sprache bzw.
Mundarten eher konservativ, während im deutschen Sprachgebiet auch bei den
Mundarten Veränderungen durch Kontakte mit nachbarsprachlichen Varianten
entstanden.xxii Zunehmend verschwinden spezielle, ortsgebundene Lautungen
und Bezeichnungen und werden durch überörtlich gebrauchte ersetzt; aus
solcher Mischung bzw. Melange lokaler Dialekte entstehen sog. regionale
Ausgleichssprachen bzw. Umgangssprachen.xxiii

       1.6.2. Sprachatlanten und Wörterbücher

In den 1870er-Jahren ließ der Germanist Georg Wenker in den Schulen des
Rheinlands Schulkinder Fragebögen ausfüllen und die Fragen in den
einheimischen Dialekt übersetzen, später auch in Nord- und Mitteldeutschland,
in Schwaben, in Franken und in der Schweiz. Bis 1939 wurde derart nach und
nach der ganze deutsche Sprachraum erfasst. Die Ergebnisse wurden in
Landkarten, sog. Sprachatlanten, eingezeichnet (Deutscher Sprachatlas).xxiv
Der Tiroler Sprachatlas wurde Großteils vom Südtiroler Germanisten Dr. Egon
Kühebacher 1965-1969 erstellt,xxv wobei zur Erfassung des Wortschatzes
ähnlich vorgegangen wurde wie beim Deutschen Sprachatlas (Deutscher
Wortatlas; 1821 Bairisches Wörterbuch, 1866 Tirolisches Idiotikon). Der Imster

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