Page 12 - Aufsatz
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2. Mundartgrenzen

Wie bereits mehrfach aufgezeigt, gehören alle Tiroler Mundarten mit Ausnahme
des alemannischen Außerferns und des mittelbairischen Nordostens um
Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel zum südbairischen Sprach- bzw.
Dialektraumxxix, von Innsbruck ostwärts nimmt der Einfluss des
sprachgeschichtlich jüngeren Mittelbairisch zu.

Daneben weist die Westtiroler Lautgeografie eine Reihe von Alemannismen auf,
besonders östlich der Arlberg-Lech-Linie (z. B. Verkleinerungssilbe –le,
Erhaltung der Zwielaute (wie oe, ie, üe, oa), Weglassen von –n am Ende des
Infinitivs von Verben). Lautliche Neubildungen folgten infolge einer entspannten
Artikulationsbasis der Tendenz der allgemeinen Abschwächung nebentoniger
Vokale sowie der Diphtongierung (Zwielautbildung: kane – koene/kuene).

Weiters besteht ein Zusammenhang zwischen Sprechtempo und Bereitschaft
zu lautlichen Variierungen dahingehend, dass bei eher langsamer
Sprechgeschwindigkeit ältere Lautformen vorhanden sind (sog.
Bequemlichkeitstheorie z. B.: werden: wearn - weare). Eine solche ältere
Westtiroler Sprachgrenze ist bei Haiming gegeben (z. B.: knialen - kniel(e)n für
knien).

Im Unterinntal bildet der Ziller eine Sprachgrenze gegen Osten hin (z. B.: i für l,
weiche bzw. stimmhafte Aussprache des [t], k gleicht sich zusehends dem [g]
an, Tendenz zu [s] statt [sch]). Alle hoch- und spätmittelalterlichen sowie
neuzeitlichen Mundartveränderungen erstrecken sich entlang der Isar-Donau-
Liniexxx.

Demzufolge gehören die Südtiroler und Osttiroler Mundarten selbstredend zu
den südbairischen Dialekten.

Eine weitere Dialektgrenze bildet auch der Arlberg, wobei unter ihm sowie im
Paznaun- und Stanzertal zahlreiche Alemannismen vorkommen.

Generell ist auch davon auszugehen, dass die entlegenen bzw. hoch gelegenen
oder erst später erschlossenen Seitentäler die reineren Mundarten und auch ein
älteres Wortgut aufweisen. Dazu kommt noch, dass z. B. die Unterländer
Mundarten sich vor allem in lautlicher Hinsicht viel weniger voneinander
unterscheiden als die Oberländer und auch Südtiroler, also unspezifischer sind,
mit dem Bayerischen, Salzburgischen, Oberösterreichischen usw. stark

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