Page 3 - Mundart_Schreibung
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Einleitung

            Hofrat Prof. Dr. Hubert Brenn, Jahrgang 1947,
            geboren in Längenfeld im Ötztal.

            Verheiratet und Vater einer erwachsenen
            Tochter.

            Ist Psychologe, und u. a. Pädagoge und
            Anthropologe; war einer der ersten in Tirol, der
            mundartdidaktisch arbeitete.

Wenn man sich entschließt, Texte in Mundart zu schreiben, dann stellt man natürlich entsprechende

Überlegungen an, und man macht dazu auch seine einschlägigen Erfahrungen. „Dialekt kann man

nicht schreiben, dafür reden. Mit Hochdeutsch verhält es sich beim gemeinen Tiroler genau
umgekehrt.“1 Diese weit verbreitete Auffassung übersieht mindestens zwei Aspekte: Erstens, dass

Dialekte schon seit langem auch in schriftlicher Form vorliegen, vor allem in den Werken der

Mundartautoren und Mundartdichter; und zweitens, dass alles Gesprochene auch verschriftlicht

werden kann, wobei ein definiertes Regelwerk sich dabei als günstig und vorteilhaft erweist.

Diesbezüglich bestehen vor allem zwei Tendenzen, die einander oft entgegen stehen: einerseits

diejenige, welche eine möglichst große Anlehnung an die schriftsprachliche Schreibung intendiert,

oder die möglichst getreue Wiedergabe der mundartlichen Lautung. Daneben bestehen einige

Konzepte und Vorschläge vor allem sprachhistorischer bzw. etymologischer Provenienz. Schon
Goethe hat seiner Schwester Cornelia geraten: „Schreibe wie du sprichst“.2

1Heubacher Anita: Wie bitte? Aufgeblättert. In: Tiroler Tageszeitung 268, 71. Jg., Mo 28. 9. 2015, 1:
„Sprachwissenschafter der Universität Innsbruck sind dabei, die Nuancen des Tiroler Dialekts festzuhalten. Damit man das
überhaupt zusammenbringt, braucht es eine eigene Tatstatur, weil eigene Buchstaben mit Stricherln, Punkten und Kreisen
nötig sind.“ Richtigerweise müsste man in der Mehrzahl von Tiroler Dialekten sprechen, laut Zählung gibt es an die 276
lokale Variationen. Und die Frage der Schreibung ist eine solche der Normierung. Solange mehr oder weniger jedermann
und jedefrau beliebig schreibt, wird das ein ungelöstes Problem darstellen. Eine eigene Tatstatur mit Stricherln, Punkten
und Kreisen mag vielleicht in sprachwissenschaftlicher Hinsicht hilfreich sein, stellt aber kein Erfordernis dar und ist für
Leser von mundartlichen Texten eher hinderlich. Leider fallen weder wissenschaftliche Empfehlungen noch solche
mundartlicher Vereinigungen wie z. B. des Mundartkreises diesbezüglich hilfreich aus.
2 zit. nach Heinrich Alfred: Wow! Nichts für ungut. In: Die ganze Woche Nr. 33/02, 14. 08. 2002, 19; vgl. dazu Hotter
Miriam: „Schraip, wie du schprichsd“. Immer mehr Kinder lernen Schreiben mit einer Anlauttabelle, einer
Buchstabentabelle mit Bildern. In: Tiroler Tageszeitung 277 (Leben), 70. Jg., Mi 8. Oktober 2014, 30

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