Page 3 - Aufsatz
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Einleitung

            Hofrat Prof. Dr. Hubert Brenn,
            Jahrgang 1947, geboren in
            Längenfeld im Ötztal.

            Verheiratet und Vater einer
            erwachsenen Tochter.

            Ist Psychologe, und u. a.
            Pädagoge und Anthropologe; war
            einer der ersten in Tirol, der
            mundartdidaktisch arbeitete.

Woher kommen eigentlich unsere Mundarten? Wie sind sie entstanden? Sind
sie ältere oder jüngere Sprachformen, und wie stehen sie zur Umgangssprache
und zur Standardsprache? Solche und ähnliche Fragen wurden und werden
immer wieder gestellt. Manche sind sogar der Auffassung, ein Dialekt sei eine
etwas verschlampte Form der Standardsprache. Oder sind die Dialekte der
eigentliche Mutterboden dafür?i Daher scheint es gerechtfertigt und angeraten
dieser Frage etwas systematischer nachzugehen und den Sachverhalt
aufzuzeigen und aufzuarbeiten.

„Im Anfang war das Wort“ (Joh 1, 1). Der Satz, mit dem das Evangelium nach
Johannes beginnt, verweist auf die wesensbestimmende Bedeutung der
Sprache für die Menschen. Und auch über die Entstehung der Sprachen gibt
die Bibel im Alten Testament mit der Erzählung über den Turmbau zu Babel
Auskunft (Gen 11, 1-9): „Alle Menschen hatten die gleiche Sprache und
gebrauchten die gleichen Worte. ... Dann sagten sie: Auf, bauen wir uns eine
Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel, und machen wir uns
damit einen Namen, dann werden wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen.
Da stieg der Herr herab, um sich Stadt und Turm anzusehen, die die
Menschenkinder bauten. Er sprach: Seht nur, ein Volk sind sie, und eine
Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen
nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen. Auf, steigen wir
hinab, und verwirren wir dort ihre Sprache, so dass keiner mehr die Sprache

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